Erhaltungsverordnung Rudow mit den Gewerbetreibenden gestalten

Einzelhändler in der Rudower Altstadt fühlen sich durch neue Auflagen benachteiligt

Seit 2008 gilt in Rudow die Erhaltungsverordnung, deren Ziel es ist, den historischen Stadtkern der Altstadt zu bewahren. Jede noch so kleine bauliche Maßnahme muss genehmigt werden. Jetzt sind neue Änderungen geplant, die besonders Gewerbetreibende vor unüberwindliche Hindernisse stellen. Olaf Schenk MdA hat nun eine Initiative gestartet, die eine Neugestaltung der Erhaltungsverordnung im Sinne der Rudower Bürger und Geschäftsleute vorsieht. Auch die Lokalpresse hat das Thema erkannt. Beim Rundgang durch die Altstadt mit dem „Tagesspiegel“ zeigt sich, mit welchen Problemen die Einzelhändler kämpfen. 

 

Die Geschäftsleute in Rudow stehen seit Jahren in Konkurrenz mit dem Onlinehandel und den großen Einkaufszentren. Hohe Mieten, steigende Energiepreise und sinkende Kaufkraft machen den Überlebenskampf der kleineren Einzelhändler noch schwieriger. Viele sind alt eingesessene Familienbetriebe - Rudower, die stolz auf ihren historischen Stadtkern sind, der sich bis 1375 zurückverfolgen lässt. Den besonderen Charme wollen sie gern erhalten, aber viele Forderungen des Stadtentwicklungsamts Neukölln für Fassaden, Fenster, Werbung, Gärten und Vorplätze scheinen willkürlich und sind vor allem kostenintensiv.

 

„Im Grundsatz finde ich es gut und richtig, wenn die Erhaltungsverordnung die Gebäude und das Erscheinungsbild Rudows sichert und es keinen Wildwuchs gibt. Im neuen Beteiligungskonzept des Bezirksamts ist aber von einem Dialog mit den Gewerbetreibenden vor Ort die Rede“,sagt Olaf Schenk MdA. Er fordert klare Vorgaben, die dann für alle gelten sollen und kritisiert, dass das Bezirksamt im Einzelfall mit den Geschäftsleuten Absprachen treffen will, die nicht sinnvoll sind und praxisfern erscheinen. „Warum darf ein Eckgeschäft wie „Bölitz Immobilien“ keinen zweiten Werbeschriftzug um die Ecke an seiner Hauswand anbringen, wenn alle anderen Parameter eingehalten werden? Schließlich will jeder weithin sichtbar sein, um Kunden anzulocken.“

 

Neue Schriftzüge kosten viel Geld

 

So geht es auch Thomas Waclawik mit seinem „Reisebüro Schöne“. Seit 70 Jahren besteht das Geschäft, er betreibt es in der dritten Generation. Sein Schriftzug über dem Eingang ist abgeblättert und verblichen, deshalb will er ihn erneuern. Darf er aber nicht, weil nur Einzelbuchstaben in einem bestimmten Stil gestattet sind, die nicht zum Geschäft passen würden. Viel Geld hat Waclawik für moderne Monitore mit Bewegtbild in den Schaufenstern investiert: „Ich verkaufe mit meinen Reisen Träume und wohlige Gefühle, das muss sich auch in meiner Außendarstellung spiegeln“, sagt der Geschäftsmann. Jetzt hat er allerdings Angst, dass er die Monitore im Rahmen der neuen Erhaltungsverordnung abnehmen muss. 

 

Völlig unverständlich für Olaf Schenk MdA: „Ich kann das in keiner existierenden Vorschrift herauslesen. Einzelhändler, besonders Reisebüros, haben es schon schwer genug, gegen die Onlineangebote anzukommen. Deshalb finde ich ein grundsätzliches Verbot von Werbemonitoren eine unzumutbare Einschränkung. Auch die Forderungen nach neuen Schriftzügen über den Läden übersteigen die finanziellen Möglichkeiten der Gewerbetreibenden. Das kostet bis zu 5000 Euro.“


 

Änderungen müssen praxisnah sein

 

Völlig übertriebene Züge nimmt der historische Gestaltungsdruck dann aber im neu eröffneten „Kuchenladen“ statt. Klein, aber fein das Café, genau wie die Auswahl vorzüglicher Kuchen, die niemand sonst anbietet. „Wir wollen ein kommunikativer Treffpunkt für die Bürger sein und sobald es wärmer wird, möchten wir natürlich unsere Terrasse nutzen“, sagt der Besitzer Marcel Kummerow. Die gerade mal 20 Quadratmeter große Fläche ist ebenfalls in das Fadenkreuz der Stadtgestalter geraten. Nur vier Tische haben hier Platz, aber die sollen laut neuer Erhaltungsordnung von zwei Hecken begrenzt werden, zwei Bäume, die bis zu drei Meter hoch sein sollen, stehen auch auf der Agenda. Nur – wohin damit? Dafür ist schlicht kein Platz und die Kosten könnten mehrere Tausend Euro betragen. Blumenkübel könnten vielleicht ein Kompromiss sein. 

 

Zeitgemäße Anpassungen sichern die Zukunft

„Deshalb fordere ich das Stadtentwicklungsamt in Neukölln dringend auf, eine praxisnahe und zeitgemäße Anpassung der Erhaltungsverordnung vorzunehmen“, sagt Olaf Schenk. Diese soll gemeinsam mit den Gewerbetreibenden vor Ort und der AG Rudow entwickelt werden. Sinnvoll sei es, einen Maßnahmenkatalog aufzustellen, in dem die erlaubten und verbotenen Maßnahmen nachvollziehbar dargestellt werden“, findet der Politiker. Und: „Es werden sich nicht alle Forderungen durchsetzen lassen, aber in Verbindung mit Vorschlägen will ich jetzt eine Unterschriftenaktion starten.“